Two Hearts

Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust!
Das eine findet "Modern Warfare 2" unglaublich toll, fantastisch und möchte am liebsten alles stehen und liegen lassen, nur um wieder eine Runde auf die Pirsch zu gehen, während das andere sich über dieses durchkalkulierte Stück Software ärgert.
Ich spiele den fünften Teil der "Call of Duty"-Reihe mittlerweile seit etwa zwei Monaten und habe schon mehr Zeit in das Spiel versenkt als in fast jedes andere davor. Wenn ich mir meine Spielzeitstatistik anschaue, erschrecke ich schon - insgesamt habe ich weit über 70 Stunden meines Lebens damit verbracht, wahlweise auf amerikanischer, russischer oder arabischer Seite gemeinsam mit einem Haufen anderer (die vermutlich noch viel intensiver spielen), ins Gefecht zu ziehen und dem Gegner zu zeigen, wo der Frosch den Most holt.

Da kommt allenfalls noch WoW mit, dass ich - so hoffe ich zumindest - allerdings zusammen mit allen anderen Online-Multiplayerrollenspielen endgültig hinter mir gelassen habe.
Ach ja, und natürlich "Bomberman live", das zwar ein völlig anderes Spiel ist, aber aus exakt den gleichen Gründen fesselt.
Grund für die hohe Spielzeit ist natürlich hier der Multiplayermodus - es ist einfach um Welten spannender, interessanter und faszinierender, mit und gegen echte Menschen zu spielen, als sich mit einer computergenerierten Intelligenz (oder Dummheit) zu messen.
Jede Partie spielt sich anders, immer wieder muss man seine Strategien überdenken und neu an die Sache herangehen. Und wenn man damit dann Erfolg hat, wenn man mehr Abschüsse als das gegnerische Team verzeichnet oder die Flaggen öfter und länger erobert hat, ist das ungeheuer befriedigend.
Soweit, so gut. Warum ärgere ich mich dann überhaupt?
Weil MW2 ein unglaublich durchgeplantes Spiel ist. Das Programmierteam ist hingegangen und hat anscheinend eine Strichliste gemacht mit all dem, was hinein muss. Und dem, was nicht hinein darf.
Das haben sie toll gemacht, ohne jede Frage.
Was immer in einem guten Shooter vorhanden sein sollte, es ist da.
Was immer man noch an Macken im ersten Teil finden konnte, im zweiten sind sie verschwunden.
Aber irgendwie fühlt es sich, wie soll ich es sagen, irgendwie etwas seelenlos an.
Fast zu glatt, zu perfekt, zu poliert.
Robert Kotick, der Chef von Activision-Blizzard, hat verlauten lassen, dass es sein Ziel sei, den Spaß aus der Spieleentwicklung zu nehmen. Gut, das hat er auf einer Veranstaltung der Deutschen Bank erklärt - hätte er auf der Jahreshauptversammlung der Ego-Shooter-Spieler gesprochen, hätte er vermutlich andere Worte gefunden.
Aber ich bin geneigt, ihm zu glauben.
Videospiele sind mittlerweile ein Millionen-Doller-Geschäft.
Die Zeiten, in denen ein bis zwei pickelige Enthusiasten den Code zu einem Spiel, das ihnen selber auch Freude machen würde, in die Tastatur ihres C64 hacken, sind vorbei - eine Entwicklung, die vermutlich jeder Industriezweig so durchmacht.
Schließlich werden ja auch Snowboards nicht mehr vom Alm-Öhi in der Sennhütte geschnitzt.
Es ist legitim, an ein Geschäft mit solch gigantischen Ausmaßen mit dem gebotenen Ernst heranzugehen schließlich hängen ja auch nicht selten tausende Existenzen daran.
Aber die Spielebranche muss höllisch aufpassen, dass hier nicht eine Entwicklung erfolgt, die für alle gleichermaßen die Richtung vorgibt.
Videospiele sind ein kreatives Medium. Es mag Bereiche geben, in denen man eine Zeitlang damit über die Runden kommt, die Fehler des Vorgängers auszumerzen und die vorhandenen Spielelemente auf Hochglanz zu polieren.
Wenn aber nicht hin und wieder auch einmal neue Impulse kommen - und die kommen eher von enthusiastischen Teams, die mit Spaß und Leidenschaft an die Schaffung neuer Spielwelten gehen, wenn solche Impulse ausbleiben, dann geht es in der Spieleindustrie bald zu - und hier danke ich dem Herrn Womble ausdrücklich für seinen fantastischen Vergleich - wie in einem Film von Michael Bay. Er ist spannend, er ist unterhaltsam, er ist laut, er ist beeindruckend. Und hinterher geht man aus dem Kino und fragt sich "Und das war es jetzt?".
Und ist dankbar dafür, dass es auch Perlen wie "Hangover" oder "Bank Job" gibt.
Kleiner, nicht so glatt auf den Geschmack aller gebürstet und bei allen Unzulänglichkeiten doch Unterhaltung vom Allerfeinsten.
Und genau das wünsche ich mir auch für Computer- und Videospiele.

Kommentare

  1. Bleibt zu hoffen, dass dies nur bei Tripple A Titeln passiert und es noch genug Nischenprogramme und Spiele gibt, die, trotz Ecken und Kanten, ein großes Publikum finden.
    Hier sei Mount & Blade genannt.... mal Googeln, lohnt sich ;)

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