When I'm dead and gone

Die GEE ist tot.
Das war so in etwa mein Fazit, als ich vor gut zwei Monaten die vorerst letzte Printausgabe der von mir hochgeschätzten Zeitschrift in Händen hielt.
Diese Ausgabe war, abgesehen von ein paar mickrigen News und Spieletests nur noch ein "Best-Of" der letzten acht Jahre und erklärte dazu noch im Editorial, dass man künftig auf eine (ausschließlich) per iPad lesbare Version umschwenken wolle - Print sollte es dann noch vierteljährlich als eine Art Zusammenfassung - und wieder einmal "Best-Of" der App geben.
Kurz danach überraschte mich dann aber auf der Webseite die Ankündigung, dass die nächste GEE am 27. Juni erhältlich sei. Als App und - Überraschung - am Kiosk.

Sie lebt!

Und liegt vor mir.

Im Kiosk muss ich zunächst etwas verdutzt geschaut haben. War sie vielleicht irgendwie zwischen die Regalstangen gerutscht? Sie lugte nämlich ganz verschämt hinter den anderen Magazinen hervor.
Leider war es aber kein Fehler der Platzierung. Die GEE ist tatsächlich dramatisch geschrumpft, auf gerade mal etwas mehr als die Hälfte ihrer vorherigen Größe. In etwa Din-A-5 quer. So groß wie ein iPad. Oder um es mit Herrn Womble zu sagen: Petziheft-Format.

Nein, das dahinter ist nicht der große Bruder vom Heft - das sind die Maße eines älteren Hefts.

Da sind die immer noch vorhandenen 100 Seiten auf einmal gar nicht mehr so viel, sondern eigentlich nur noch 50 Seiten, wäre es noch das alte Format. Dazu noch in einer Zeichengröße, die auch dem junggebliebenen Altenheimbewohner nicht den Einsatz einer Brille abverlangt.
Dafür ist sie 51 Cent billiger geworden. Nun ja.
Wenn ich einmal Zeit und Muße habe, werde ich ausrechnen, um wieviel die Zeitung im Verhältnis zur inhaltlichen Schrumpfung teurer geworden ist.
Aber wir wollen erst einmal nicht meckern, wenn es denn der Inhalt herausreißt.
Oder herausreißen würde. Was haben wir also da?
Einen Dirt 3-Test von Michail Hengstenberg, ehemaliger Herausgeber. Fein.
Relativ kurz, denn immerhin sind die drei vergönnten Seiten noch mit reichlich Bildern belegt.
L.A. Noire hat vier Seiten bekommen, von denen gleich eine wieder für ein Spieleartwork geopfert wird.
Ein Transformers-Special über 12 Seiten. Historie der Plastikroboter, zwei Seiten zum Spiel, zwei Seiten zum Film.
Whoa, geil. Plastikroboter! Yeah! Michael Bay-Film! Yeah! Third-Person-Shooter mit Plastikrobotern auf der Grundlage eines Michael-Bay-Films! Yeah!
Ach verdammt, ich hab vergessen, dass ich ja keine zwölf mehr bin. Also leider langweilig und uninteressant. Viele Bilder. Immerhin.


Da freut sich der 10-jährige Altenheimbewohner mit Hang zur Legasthenie:
Thema für Kinder, Schriftgröße für Achtzigjährige und um ganz sicher zu gehen mehr Bild als Text - durchgängig.

Was noch?
Ein Interview mit Cliffy B. Seltsam bekannt, die Aussagen? Entweder hat der Mann schlicht nichts Neues zu berichten, oder das Interview ist das Gleiche, dass im Frühjahr bereits in der M! (ehemals Maniac) zu finden war.
Puh, was noch?
Eine Strecke mit Fotografien von Kleidern eines japanischen Designers. Soll Reminiszenzen an Computerspiele im Design enthalten.
Dazu möchte ich nur anmerken, dass grob gepixelte Prilblumen auf Stoff gedruckt noch nicht unbedingt eine Verbindung zu Computerspielen darstellen. Überflüssiger Mist und keineswegs ein Blick über den Tellerrand.
10 iPad-Spiele, drei iPad-Apps. Schön für Besitzer desselben (der wird sich aber vermutlich ohnehin die GEE-App geladen haben), uninteressant für den Käufer der Printversion.
Zwei Testlichtblicke - Child of Eden und Shadows of the Damned. Da scheint nochmal kurz, ganz kurz auf, warum die GEE anders und auch besser war, als die anderen Spielemagazine auf dem deutschen Markt.
Allein, es ist ein kurzes und kraftloses Aufbäumen.
Was bleibt, ist ein Bericht über einen Videospielraritätensammler und eine nette Kolumne von Jan Müller-Michaelis - beides etwas beliebig, aber zumindest nett anzuschauen. Von lesen kann man ja leider nicht sprechen, da die zugehörigen Texte nicht mal als schneller Snack taugen geschweige denn als gehaltvolle Mahlzeit.
Kurz gesagt - der Inhalt dieses Heftes tendiert arg gegen Null.
Ein überflüssiges Heft für zuviel Geld, das sich in keinster Weise mehr durch etwas von dem auszeichnet, was die GEE in den letzten Jahren zu etwas Besonderem gemacht hat.
Mies in Layout, Inhalt und Haptik - kann man getrost am Kiosk stehen lassen.

Die GEE lebt, hab ich oben geschrieben.
Das stimmt leider nicht. Zumindest als Print ist sie mausetot - sie weiß es nur noch nicht.

Aber ich gebe jetzt das Wort einfach mal an der Herrn Womble - als stolzer iPad-Besitzer hat er sich nämlich die digitale Variante zugelegt.
Mal schauen, was er so dazu sagt.

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