Oh, Baby, Baby, baller, baller - R-Type (PC-Engine)


Früher war alles besser.
Die Musik war besser, die Filme waren besser, das Fernsehprogramm sowieso.
Und natürlich die Computerspiele.
Hach, die Spiele aus den Achtzigern und Neunzigern.
Was waren das doch für coole Spiele!
Echt? Waren sie das wirklich? Oder schauen wir bloß mit einem nostalgieverklärten Blick in die Vergangenheit und ignorieren dabei all die grässlichen Gurken, die uns damals auf Computer und Konsole heimgesucht haben?
Und verdrängen selbst die Macken bei den echten damaligen Topspielen, die man heute im Leben nicht mehr akzeptieren würde?
Schaun mer mal.

Oh ja, es war Liebe auf den ersten Blick. Oder besser, das erste Bild. Als ich sie sah, wusste ich, dass sie es ist. Dumm nur, dass sie unerreichbar weit weg war.
In Japan nämlich.

Und bevor mir jetzt meine Frau mit Vergeltung droht, sollte ich vielleicht ganz schnell nachschieben, worum es hier geht: R-Type für die PC-Engine. Die war gegen Ende der 80er Jahre die ultimative Konsole für spielhallenaffine Nerds.
Sieht böse aus, ist aber harmlos - der erste Obermotz
Noch nicht ganz 16-Bit, aber schon weit weg von Nintendos und Segas Achtbittern brachte sie optische und akustische Meisterwerke auf den Bildschirm und war dabei selbst ein Meisterwerk der Technik, kaum größer als ein aufgeklappter DS heutzutage.
Dummerweise gab es die Konsole nur in Japan (später auch in den USA und in homöopathischen Stückzahlen auf dem spanischen(!) Markt), aber leider nicht in Deutschland. Also konnte ich die Screenshots dieses fantastischen Weltraum-Ballerspiels damals nur mit großen feuchten Augen in den einschlägigen Videospielmagazinen anschmachten.
Man kann nun wirklich nicht sagen, dass ich nicht um Ersatz in irgendeiner Form gekümmert hätte. Genau genommen habe ich das sogar drei Mal versucht. Zum ersten Mal damals auf dem Atari ST, als Teil des "Atari Power Packs".
Nun ja, es reichte immerhin, um einen ersten Eindruck zu vermitteln, wie großartig dieses Spiel sein könnte. Sonderlich gut spielbar war es aber nicht.
Seine zweite Chance bekam es dann auf dem Ur-Gameboy. Mein erstes Import-Spiel, für Gameboy-Verhältnisse eine sensationelle Grafik und toller Sound, aber leider sprang der Funke noch nicht so recht über.

Die Versionen für Atari ST und Gameboy - kann man erkennen, warum ich der PC-Engine-Version verfallen war?
Die Master-System-Version lief gar nicht erst, da ich aber auch nur zwei Mark dafür bezahlt hatte, hielt sich der Verlust in Grenzen - immerhin hatte ich schonmal ein cooles Cartridge.
Wirklich Liebe wurde es erst bei der PC-Engine, die ich mir dann irgendwann doch einmal zugelegt habe.
Die Handlung ist schnell erzählt:
"Blast off and strike the evil Bydo empire!"
Und mit den dürren Worten wird der Spieler entlassen in ein Ballerinferno, wie es wohl nur die späten Achtziger hervorbringen konnten.
Man steuert ein kleines Raumschiff mit dem eingängigen Namen "RWF-9A" durch die seitwärts scrollenden Level, weicht den Gegnern aus (oder schießt sie wahlweise ab) und freut sich auf bildschirmgroße Endgegner, die es zu zerlegen gilt.
Hilfreich dabei sind zahlreiche Power-ups von zielsuchenden Raketen über einen ringförmig nach vorne schießenden Laser bis hin zu Schüssen, die gezielt über Boden und Decke der Levels streichen und die Gegner dort pulverisieren.
Heimlicher Star und vor allem eine brilliante Idee ist aber der Satellit, das erste verfügbare Power-up.
Der (übrigens unzerstörbare) Satellit kann vorn oder hinten am Schiff angedockt werden und fängt dann gleich einmal feindliche Schüsse ab. Er kann aber auch völlig losgelöst vom eigenen Raumschiff durch die Level schweben und so die Gegner von einer zweiten Seite aufs Korn nehmen.
Sieht harmlos aus, ist aber böse - der dritte Obermotz - ein Raumschiff über die Länge des gesamten Levels
Nimmt man sich einen Moment Zeit, kann man den Schuss des Raumschiffs auch durch das Gedrückthalten der Feuertaste aufladen und mit dem darauffolgenden Mega-Beam gleich eine ganze Gegnergruppe vom Bildschirm fegen.
Endgegner 2 - irgendwo dazwischen

Angefeuert bei Kampf um die Erde wird man von mal treibenden, mal sphärisch daher kommenden Synthi-Soundtracks .
Ein Steuerkreuz, zwei Feuerknöpfe - mehr brauchte es damals nicht, um den Actionspieler wunschlos glücklich zu machen.
Und auch heute macht das Spiel noch eine Menge Spaß. Wie jedes gute Spiel ist es herausfordernd, aber nie unfair, wie jedes Ballerspiel aus dieser Zeit setzte es aber voraus, dass man die Levels kannte, wusste, wann von wo welcher Gegner kommen wird und wieviel Widerstand er dem eigenen Schuss entgegen setzen kann.
Wer sich auf diese Prämisse einlässt, wird auch heute noch eine Menge Spaß mit diesem Spiel haben.
Anders als bei den heute verfügbaren Shootern geht es hier nicht nach dem "Bullet-Hell-Prinzip", sprich, das Geschehen auf dem Bildschirm bleibt stets übersichtlich und die Zahl der feindlichen Projektile so eingeschränkt, dass man ihnen durch geschicktes Steuern ausweichen kann.

Zwei Wermutstropfen gibt es allerdings:
Die Engine-Version ist nur vier Levels lang - das entspricht gerade mal der Hälfte der Spielhallenfassung. Der Grund ist einfach - das Spielecardridge bot damals einfach nicht genug Speicherplatz, um das ganze Spiel darauf unterzubringen. Mehr wäre zwar technisch möglich, aber für die damalige Zeit exorbitant teuer gewesen.* Deswegen verweist die Anleitung auch gleich auf die Cartridge mit der zweiten Hälfte, für die nach Beendigung von Teil eins auf dem Bildschirm ein Code zum Weiterspielen ausgeworfen wird.
Deutlich schwerwiegender ist aber Wermutstropfen 2: Die Engine-Fassung ist kaum noch zu einem moderaten Preis erhältlich - und dann braucht man ja auch noch die PC-Engine selber, die ebenfalls nicht mehr allzu oft und wenn, dann zu knackigen Preisen verkauft wird.
Wii-Besitzer dürfen sich allerdings freuen - auf der Virtual Console kann man sich das Spiel für schlappe 800 Wii-Points herunterladen.
Das ist dann zwar nicht ganz der originale Stoff, aber immer noch besser, als es nie gespielt zu haben.

*Wir reden hier übrigens von vier Megabit. Bit, nicht Byte. Macht genau ein halbes Megabyte. 512 Kilobyte. Kilo, nicht Mega - Waahhhh!

Kommentare

  1. Ich fand's geil... auf dem Amiga 500 allerdings.
    Das Original habe ich niiie gespielt, aber dafür mal die C64 Version in Händen gehalten.
    DAS war gruselig!

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    1. Die Amiga-Fassung ist auch ziemlich nah an der Engine-Version (und hat alle Level). Bei der ST-Fassung waren die Größenverhältnisse nicht 100-prozentig ausgewogen, weswegen Level 3 (der mit dem Riesenraumschiff) extrem schwer war, weil man immer gegen das Teil flog...

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