Analoges Vergnügen - Spielkonsolen und Heimcomputer 1972-2009

Die Zombieapokalypse ist da - der Strom ist ausgefallen, Handy und iPad längst leer und der DS röchelt in den letzten Akkuzügen.
Was um Himmels Willen soll den der geneigte Videospieler jetzt noch machen, um sich ein wenig vom drohenden Weltuntergang abzulenken?

Die Lösung ist so simpel, wie genial: Ein Buch lesen!
Schließlich gibt es mittlerweile eine ganze Menge Bücher, die unser liebstes Hobby und seine Auswirkungen zum Thema haben.
Die natürlich auch, aber nicht nur im Angesicht der Apokalypse Spaß machen.
Und genau um die soll es jetzt in loser Reihe gehen.

Den Anfang macht ein mittlerweile echter deutscher Klassiker:

Spielkonsolen und Heimcomputer von Winnie Forster

 
Herr Forster, ganz im Bewusstsein der Qualität seines Buches ruhend.

Forster ist im Bereich der Videospiele journalistisches Urgestein; der 1969 geborene Bayer hat nach einer kurzen Aufwärmphase 1990 bei der PowerPlay (damals die deutsche Computerspielezeitschrift) 1991 die Video Games gegründet um dann 1993 gemeinsam mit Martin Gaksch und Andreas Knauf die Maniac aus der Taufe zu heben, Deutschlands langlebigstes Multiformat-Spielemagazin, das auch heute noch (mittlerweile als M! Games) in jedem halbwegs gut sortierten Kiosk zu finden ist.
Forster hatte zwischenzeitlich noch bei einigen weniger langlebigen Publikationen mitgewirkt, bevor er dann im Jahr 2002 sein erstes Buch auf den Markt brachte, eben das oben erwähnte.
Die Erstauflage konnte sich rühmen, das erste deutschsprachige Nachschlagewerk zu sein, das einen (scheinbar) nahezu vollständigen Überblick über die in der Zeit zwischen 1972 und 2002 erschienen Konsolen und Heimcomputer gab.
Natürlich mussten die zahllosen "Pong"-Derivate der frühen siebziger großzügig ausgeklammert werden, ebenso wie die Unzahl der "Game-and-Watch"-Titel und vergleichbarer Handhelds, auf denen man in der Regel nur ein Spiel spielen konnte.
Trotzdem bot das Buch eine schöne Zusammenfassung der Konsolen von Ralph Baers Odyssee bis zur damals gerade erschienenen XBox (noch ohne 360 im Namen). Das Buch ist toll aufgemacht, hat eine ordentliche Fadenbindung und zahlreiche sehr schöne Fotos, die die in der Regel kurzen, aber sehr informativen Texte begleiten.

Cover der mittlerweile vergriffenen Erstauflage

Meilensteine der Konsolengeschichte bekommen durchaus auch einmal 3-4 Seiten spendiert, auf denen sich neben den Bildern der Konsolen und Computer auch zahlreiche aussagekräftige Screenshots von Spielen für die jeweiligen Geräte finden. Als besonderer Service für Sammler findet sich im Anhang außerdem noch eine Übersicht, die den ungefähren Marktpreis der im Buch vorgestellten Geräte nennt - leider natürlich auf dem Stand von 2002; wer heute zu den im Buch genannten Preisen kaufen will, erntet meist nur noch ein müdes Lächeln und darf die Beträge nicht selten verdrei- bis -vierfachen.

Winnie Forsters Schreibstil merkt man seine langjährige journalistische Erfahrung an - die Texte sind pointiert formuliert, gelegentlich streut er die eine oder andere Anekdote ein - kurz, das ganze Buch ist alles Andere als ein trockenes Lexikon, sondern vielmehr ein Nachschlagewerk, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt, sei es um einfach mal ein wenig staunend durch die Videospielhistorie zu streifen, sei es, um die eigene Sammlung auf Vollständigkeit zu prüfen.

Und da musste man feststellen, dass leider doch noch deutliche Lücken in dem Buch klafften. Das merkten zahlreiche Leser und natürlich auch Winnie Forster und so schob er, unterstützt von der begeisterten Leserschaft, eine zweite und mittlerweile auch dritte Auflage hinterher, die nicht nur eine Menge mehr als die ursprünglichen 256 Geräte enthält, sondern auch um zahlreiche neue Fotos und erweiterte Texte ergänzt und um eine Vielzahl an Fehlern inhaltlicher und grammatikalischer Art erleichtert wurde.
Die dritte Auflage, die 2009 erschien, enthält außerdem auch Informationen zu Wii, PS3 und XBox 360 und beschreibt dazu noch die neueren Handhelds wie PSP oder DS. PS Vita und 3DS sind natürlich nicht enthalten, ebenso wenig iPad, iPhone und die Welt der Google- und WindowsPhone- 7-Handys.

Dafür bekamen viele Konsolen und Computer, die in der Erstauflage, wenn überhaupt, mit ein paar dürren Worten abgehandelt wurden jetzt ganze Seiten inklusive aussagekräftiger Screenshots spendiert, darunter Exoten wie der Oric-1, aber auch bedauerlicherweise nie oder höchst selten in Europa gesichtete Geräte wie etwa der FM Towns oder der PC-88/98.

Die aktuelle, dritte Auflage

Leider wurde in dieser Auflage auf eine Aktualisierung der Gebrauchtmarktpreise verzichtet, schade, aber nachvollziehbar, da dieser Markt ständig in Bewegung ist und eine Preistabelle ohnehin wenig mehr als eine Momentaufnahme sein kann.

Insgesamt aber ist das Buch damit auch in der dritten Auflage ein nahezu uneingeschränkt empfehlenswertes Lese- und Nachschlagevergnügen mit wenig zu Kritisierendem, für Sammler ohnehin unverzichtbar, aber ein schönes Werk auch für alle anderen, die sich auch nur ein wenig mit Videospielen, ihrer Herkunft und ihrer Evolution beschäftigen wollen.
Größter Wermutstropfen ist der mit 27,80 Euro recht hohe Preis, dafür bekommt man aber für den halben Gegenwert eines aktuellen Videospiels ein Vielfaches an Unterhaltung geboten - und der Wiederlesewert ist dazu noch immens hoch - Kaufen!


Spielkonsolen und Heimcomputer 1972-2009
Winnie Forster
Gameplan, 240 Seiten, 27,80 €
ISBN-13: 978-3000246586

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