Hitman: Absolution - Die beste Killglatze bisher?

 
Die Hitman Reihe hat genauso verbissene Fans, wie die Zelda Serie.
Wenn sich die Spieldesigner auch nur einen Zentimeter zu weit von den "alten" Spielen entfernen, wird sofort der digitale Jihad ausgerufen, man schlüpft in dunkle Anzüge und rasiert sich gegenseitig die Schädel.
Und doch ist genau das passiert. Im Hitman Universum haben sich die Dinge geändert...aber nicht alle.

Im Jahr 2000 erschien Hitman: Code 47. Ein Spiel das die Weichen für  Hitman: Silent Assassin, Hitman: Contracts, und Hitman: Blood Money stellte.
Es war/ist immer noch ein spannendes Konzept.
Man schlüpft in die Haut des glatzköpfigen Auftragskillers mit dem Namen "47".
Wie jetzt? Kein Nachname? Nö, den gab's nicht. Der gute 47 ist ein Laborexperiment und da heißt man nicht einfach Schmidt mit Nachnamen.
Jedenfalls verliefen die Spiele meist so, dass man ein Areal hatte (ein Anwesen, ein Einkaufszentrum, der rote Platz, etc.), ein Ziel (meist jemanden töten) und einen (oftmals moralisch fragwürdigen) Grund.
Eigentlich war man immer das Neutrum, das nur einen Auftrag ausführt.
Gegen Ende wurde man meist verraten und von den eigenen Leuten gejagt, dass 47 in einem etwas rosigeren, moralischen Licht dastand und die/der Spieler/in sich mit ihm identifizieren konnte.



Aber was ist nun anders?
Im Grunde nicht soooo viel.
In den alten Spielen war es so, dass man während den Missionen völlig freie Hand hatte.
In Absolution übernehmen die Designer in seltenen Fällen die Kontrolle (wenn's mal wieder um Story geht) oder lassen in gewissen Szenen nur eine bestimmte Aktion (Schießen in Zeitlupe) zu.
Das passiert selten genug um sich nicht ferngesteuert zu fühlen.
Aber leider oft genug, dass sich die Hardcore Fangemeinde betrogen fühlt.
Ausserdem wird 47 vom Mörder zum grimmigen Beschützer, was mir persönlich besser gefällt, denn es lässt seinem Charakter mehr Raum. Oft kommt jetzt seine Unfähigkeit zu Tage mit seiner Umwelt in Verbindung zu treten. Man merkt ihm sehr genau an, dass er da absolut nicht in seinem Metier ist. Es schwingt immer ein klein wenig Unsicherheit mit, aber nur so lange wie er nicht über Aufträge und ähnliches sprechen muss. Das ist wieder bekanntes Terrain.

Die Aufträge, 20 an der Zahl, sind vielfältig und spielen in meist weitläufigen Szenerien.
...und die schauen absolut umwerfend gut aus! Alles ist so detailiert wie ich es bisher noch nirgendwo gesehen habe.
Knackige Texturen, glaubwürdige Bewegungen: Kurz es ist der feuchte Grafik Traum eines jeden Schleicher Fans.
Ausserdem löst Hitman: Absolution das von Splinter Cell: Conviction gegebene Versprechen ein (welches dieses nicht so ganz halten konnte):
Hitman: Absolution stellt Menschenmengen dar, in denen man untertauchen kann. Fünzig Menschen die auf einen Zug warten. Ein Markt mit gut 70 Leuten, Kunden, Köchen, Verkäufern und Polizisten.
All das wird in schönster Grafikpracht dargestellt, ohne dass die Engine in die Knie geht.


 Hier muss ich erwähnen, dass ich Hitman: Absolution auf einem mittelstarken Pc (3Ghz Quad, 6GB Ram, Radeon 6850) auf ein klein wenig mehr als mittleren Einstellungen spiele und selbst da schaut es schon besser aus, als die meisten anderen neuen Spiele. Was ich so höre, stehen die Konsolenvarianten dem PC Erlebnis nur in Sachen Kantenglättung nach (aber auch da fällt eher die PS3 negativ auf, wenn man da überhaupt von negativ sprechen kann). Doch das ist mehr als verschmerzbar.

Die Steuerung  geht gut von der Hand. Ob man nun aus der Deckung schießt, rennt, springt, sich versteckt, Messer wirft, oder Opfer versteckt. Alles funktioniert logisch und, auf dem normalen Schwierigkeitslevel, angenehm frustfrei ohne deswegen an Spannung einzubüßen. Geübte Auftragskiller starten allerdings besser gleich im schweren Modus.

Hier nun jeweils 3 Gründe für Hitman: Abolution und 3 Gründe dagegen:

Toll ist...
...dass Agent 47 in einer Art Zeitlupenmodus Gegner markieren kann und diese nacheinander und auch in Zeitlupe, sehr stylish umnietet. Gab's schonmal in Splinter Cell, ist aber deswegen nicht weniger spaßig. (Da dieser Modus, wie beim alten Maxe Payne, sich immer wieder auffüllen muss, kann man diese Nummer nicht dauernd abziehen.)

...dass man pro Karte/Auftrag eine unglaubliche Auswahl an Möglichkeiten hat einen Auftrag zu lösen. Da reicht die Pallette von elegant (Gift, Autobombe, Fenstersturz) bis hemdsärmelig (Kugel zwischen die Ohren, Messer zwischen die Ohren, Axt zwischen die Ohren). Wenn das geschafft ist, muss man auch noch ungesehen entkommen. Oft sogar in Verkleidung.

...dass man, so man nah genug an einem Gegner dran ist, Nahkampfaktionen starten kann. Hat man eine Waffe in der Hand, ein Messer oder ähnliches (ganz großes Tennis: das Stahlrohr!), streckt man sein Gegenüber mit einem Schlag/Stich leise und schnell nieder. Ist man unbewaffnet, startet ein Minispiel, ähnlich einem Quicktime Event mit 2 Tasten. Das geht schnell und sieht sehr cool aus und ist höllisch spannend, wenn man einen Wachmann auf die Bretter schickt, während sich sein Kollege nichtsahnend nähert.


Nicht so toll ist....
...dass die Gegenspieler, deren Geschichte auch in Zwischensequenzen erzählt wird, zwar super vertont sind (Agent 47 übrigens auch, der wird im englischen sogar von Keith Caradine gesprochen), aber so unglaublich abstoßend, dass man sich ekelt.
Aber das ist auch alles. Da reicht es anscheinend als Charkerisierung, einen der Fieslinge an einem menschlichen Fingerknochen herumnuckeln zu lassen. Das wirkt ein wenig lustlos, auch wenn die Vertonung so einiges wieder herausholt.

...dass sich der Humor oftmals unter der Gürtellinie abspielt. Dies fällt hauptsächlich im Kontrast zu den wirklich guten Dialogen auf, und wirkt so als hätte noch jemand später Hand angelegt. Anscheinend war das jemand vom Werbeteam, denn die meisten dieser üblen Witze haben das Zeug zum Eklat à la Modern Warfare 2 - Flughafen Level. Somit wirkt das alles ein wenig aufgesetzt und geplant. Wohl dem, der's mit einem Schulterzucken abtun kann.

...die KI, aber nur, wenn sie schießen muss. Da entleeren Polizisten ihre Magazine wie besessen in die Deckung hinter der Agent 47 hockt. Dann laden sie nach, und machen das gleich nochmal. All das meist ohne ihrerseits in Deckung zu gehen. Wenn sie nach einem Verdächtigen suchen verhalten sie sich sehr schlau, schwärmen aus, geben sich Deckung. Aber schießen, das ist nicht so ihr Ding.

Wer also nicht eine Petition gegen die Neuerungen von Absolution mit seinem Blut unterschrieben hat, und spannende, technisch brillante Schleicher mag, der ist mit der Killerglatze gut bedient.
Obendrein hat Absolution auch noch einen Pseudomultiplayer.
Der funktioniert so:  Man kann auf jeder bereits gespielten Karte ein paar Dinge ändern und bis zu drei Zielpersonen, die Tatwaffe und weitere Parameter auswählen. An diesen Karten darf dann die Onlinespielerschaft beweisen wer der beste, schnellste und leiseste Killer ist.
Spannende Dreingabe!

Noch ein kurzes Wort zur "ab 18" Freigabe. Diese ist definitiv berechtigt, denn es wird munter gestorben und geflucht. Aber das konnte man sich vorher schon denken, denn es erwartet ja niemand dass aus einer Schusswunde Rosenblüten strömen, oder fiese Gangster plötzlich Umgangsformen entwickeln.Die

Unterm Strich:
...wirkt Hitman: Absolution wie der geglückte Versuch vom ausgetretenen Pfad abzuweichen und sich ein wenig actionreicheren Aspekten zuzuwenden. Wer mag, kann sich auf wilde Feuergefechte einlassen, die (in ihren besten Momenten) in die Nähe von Max Payne kommen, oder sich eben ganz aufs Schleichen konzentrieren. Meiner Meinung nach ein geglückter Spagat zwischen zwei Genres bei dem das Hauptaugenmerk trotz allem auf dem Schleichen liegt. Technisch über jeglichen Zweifel erhaben gefällt es mir , wegen seines entspannteren Spielverlaufs, sogar ein wenig besser als Hitman: Blood Money.
Und das will schon einiges heißen.

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