Born to be wild - Road Rash (3DO)

Früher war alles besser.
Die Musik war besser, die Filme waren besser, das Fernsehprogramm sowieso.
Und natürlich die Computerspiele.
Hach, die Spiele aus den Achtzigern und Neunzigern.
Was waren das doch für coole Spiele!
Echt? Waren sie das wirklich? Oder schauen wir bloß mit einem nostalgieverklärten Blick in die Vergangenheit und ignorieren dabei all die grässlichen Gurken, die uns damals auf Computer und Konsole heimgesucht haben?
Und verdrängen selbst die Macken bei den echten damaligen Topspielen, die man heute im Leben nicht mehr akzeptieren würde?
Schaun mer mal.

Wir schreiben das Jahr des Herren 1996. Das 3DO, im Jahr 1993 mit einem interessanten Konzept angetreten, den Videospielmarkt zu erobern, ist sowas von mausetot, toter geht gar nicht.
Also der ideale Zeitpunkt für mich, ein Gerät zu erwerben.

Ich hab ja sowieso in den vergangenen Jahren ein Händchen dafür gehabt, auf die falsche, weil nicht in ausreichender Zahl unterstützte Hardware zu setzen, weswegen sich bei mir ja auch Saturn, 3DO, Lynx, Dreamcast und selbstverständlich ein HD-DVD-Player tummeln.
Hätte ich zur Zeit des großen Video-Formatkrieges schon genug Geld gehabt, hätte ich mit hundertprozentiger Sicherheit ein Video-2000-Gerät gekauft.
Egal. Themawechsel.

Das 3DO sticht etwas aus der Reihe heraus. Einerseits, weil ich es schon in dem Bewusstsein gekauft habe, dass es keine Unterstützung seitens der Softwarefimen mehr erhalten würde, andererseits, weil ich das Konzept tatsächlich gelungen fand. Der Plan der von Trip Hawkins, dereinst EA-Chef, gegründeten 3DO-Company war es nämlich, zwar die Spielehardware zu entwickeln, die Lizenz für die Herstellung der Konsolen dann aber an verschiedene Elektronikkonzerne zu vergeben, die dann äußerlich unterschiedliche, im Inneren aber immer auf denselben Spezifikationen beruhende Konsolen herstellen sollten, die untereinander softwarekompatibel waren.
An sich ein guter Plan, der aber in der vielfältigen Konsolenlandschaft Mitte der 90er Jahre mit den technisch deutlich stärkeren Konsolen Playstation und Saturn am Horizont keine wirkliche Überlebenschance hatte.
Genug des Abschweifens.

Denn es gab tatsächlich einige brillante Spiele auf dem 3DO, die entweder damalige 16-Bit-Serien zu neuen grafischen Höhepunkten führten oder aber sogar eine komplett neue Serie begründen sollten - Need for Speed ist beispielsweise auf dem 3DO entstanden.
Heute wollen wir uns aber ein anderes Spiel anschauen, nämlich Road Rash.

Worum geht's?

Road Rash, das es vorher schon in mehreren Teilen auf Segas Mega Drive geschafft hatte, ist ein Motorradrennspiel, anders als bei den zahmen Vertretern dieser Gattung wie etwa "Hang On" geht es hier deutlich handfester zur Sache.
Der Spieler tritt nämlich in diversen, stetig schwerer werdenden Rennen gegen Rüpelrocker allerfeinsten Kalibers an, die auch nicht davor zurückschrecken, während der Fahrt Schlagstock oder Kette zu zücken, um unliebsame Konkurrenten von Bock zu prügeln.
Jeder Treffer verrigert dabei die eigene Energieleiste, ist sie ganz aufgebraucht, stürzt man, rappelt sich mühsam wieder auf und hat schon etliche Plätze an die Konkurrenz verloren. Das ist natürlich ärgerlich, weil nur die besten Rennfahrer eine ordentliches Stück vom Preisgeld kassieren - und das braucht man wiederum, um sich nach und nach immer stärkere Rennmaschinen zu leisten.
Als Spieler darf man sich aber natürlich auch für die Boshaftigkeiten revanchieren und seinerseits durch beherzte Schläge und Tritte die Gegner aus dem Rennen befördern.
Gleichzeitig muss man aber auf den immer belebter werdenden Straßen auch auf Verkehr und Gegenverkehr, Passanten und natürlich auch die Polizei achten - erwischt die einen nämlich, heißt es "Busted" und nur gegen Zahlung einer saftigen Strafe kommt man wieder aus dem Knast frei.

Das Spiel nimmt sich nicht allzu ernst, die Charaktere vom Motarradverkäufer bis zur Barfrau sind allesamt heftigst karikiert, genauso wie die ganze Umgebung, die man per Menü anwählt und in der man von Klatsch und Tratsch bis hin zur nächsten Rennherausforderung alles finden kann.

Wie sieht es denn aus und wie hört es sich an?

Die Grafikengine, die die Gebäude der Umgebung in echtem, wenn auch grob texturiertem 3D darstellt, bei den Sprites aber auf zoomende Bitmaps zurückgreift, bewegt sich zwar schon deutlich über dem 16-Bit-Niveau der Mega Drive-Varianten, wirkt aber für heutige Verhältnisse doch eher ärmlich, genauso wie der Sound, der eher an eine Nähmaschine erinnert (in Tunneln immerhin eine Nähmaschine mit Hall), als an knurrige Zweiradboliden. So wirklich echtes Geschwindigkeitsgefühl will sich auch nicht einstellen, was mir als motorradtechnischem Grobmotoriker natürlich entgegen kommt.

Soll ich es trotzdem spielen?

Der Grund, warum das ganze trotzdem auch heute noch Spaß macht, liegt in dem multimedialen Drumherum. Wie schon bei Need for Speed hat EA seinerzeit ordentlich Geld in gelungene Videosequenzen von durchaus ordentlicher Qualität gesteckt und außerdem noch ein paar (eher unbekannte) Bands engagiert, um dem Spiel einen ordentlich krachigen Soundtrack zu verpassen.
Kurz, das Gesamtpaket ist auch heute noch so stimmig, dass man sich gerne auch heute nochmal gelegentlich für eine Runde aufs virtuelle Motorrad schwingt und der Konkurrenz zeigt, wo der Frosch die Locken hat und wer der beste Easy Rider von allen ist.

Road Rash ist neben dem 3DO auch aus PS1 und Saturn (da mit deutlich pixeligeren Videosequenzen) erschienen, Vorgänger gab es auf Modul für das Mega Drive, Nachfolger außerdem auf PS1 und viel später auch auf dem GBA.

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