Tower of Power - Defense Grid

Man wird nicht jünger - das muss ich regelmäßig und beständig leidvoller feststellen. Die Reflexe lassen nach und nicht selten steht dann am Ende der 14-Jährige triumphierend über meinem gerade in MW3 virtuell gemeuchelten Charakter und macht gleich noch ein paar obszöne Bewegungen dazu.

Was also tun? Kaffee und/oder literweise Fritz-Cola in sich hineninzuschütten ist auch keine Lösung, sorgt aber immerhin dafür, dass man regelmäßig die Toilette aufsucht - aus Sicht des Urologen des Vertrauens sicher ein nicht zu unterschätzender positiver Aspekt. Beim Spielen hilft es wenig weiter.
Dem Herrn sei es aber gedankt, dass es seit einiger Zeit ein Genre gibt, dass meinen altersmüden Reflexen (oder vielmehr deren Nichtvorhandensein) kräftig entgegen kommt, ohne gleich in die Betulichkeit von Wimmelbildspielen abzugleiten - das der Tower-Defense (TD)-Games.
Das Spielprinzip ist schnell und einfach beschrieben - es gilt, Gegner, die in immer stärker werdenden Wellen und in der Regel auf vorgegebenen Wegen auf ein Ziel zusteuern, davon abzuhalten, dieses zu erreichen. Dazu baut der Spieler Verteidigungsanlagen, die den Weg oder die Geschwindigkeit der Gegner beeinflussen oder diese solange beschießen, bis deren Lebensenergie aufgebraucht ist und sie vom Bildschirm verschwinden. Die Spielevarianten reichen von Strichmännchen als Gegner über die obligatorischen Monster und Zombies bis hin zu Soldaten und Robotern.
Und wenn jetzt jeder befürchtet, dass ich hier wieder einmal mit "Pflanzen gegen Zombies" anfange (das ist auch geil, geil, geil und wir haben es in unserem Haushalt derzeit auf zwei Handys, PC und Xbox), kann ich die hochverehrte Leserschaft nun doch beruhigen.

Dieses Mal geht es um einen unbekannteren, nichtsdestoweniger hervorragenden Vertreter des Genres mit dem schönen Namen "Defense Grid"
Das Grundkonzept des schon etwas älteren Spiels (2009 ist es erschienen) entspricht dem oben beschriebenen, angesiedelt ist das ganze in einem SciFi-Szenario.
Die Hintergrundgeschichte ist dabei ganz nett inszeniert - der Spieler wird von einer Stimme angeleitet, die früher wohl einmal einem Menschen gehört hat, der sich daran erinnert, wie schön die Welt vor der obligatorischen Alieninvasion war und dabei feststellen muss, dass eben diese Aliens zum finalen Schlag und damit zur endgültigen Zerstörung der Welt ansetzen. Das tun sie, indem sie versuchen, Energiekerne aus einer zentralen Basis zu stehlen und diese vom Spielfeld zu transportieren.
Es ist nun der Job des Spielers, alles zu tun, um das zu verhindern.

Dazu stellt einem das Spiel Level für Level mehr und stärkere Türme (unter anderem Maschinengewehr- und Flammenwerfertürme, Laser, Raketen- und Meteorwerfer) zur Verfügung, die außerdem noch in Zerstörungskraft und -radius aufgerüstet werden können.
Zahl und Stärke der Gegner nehmen ebenfalls von Level zu Level zu, dazu kommen besonders gepanzerte, getarnte oder fliegende Gegner, die es zu erledigen gilt. Mal wollen sie mit den gestohlenen Energiekernen auf demselben Weg verschwinden, auf dem sie herein gekommen sind, mal unterscheiden sich Ein- und Ausgang und mal gibt es auch gleich mehrere davon, die der Spieler mit seinen begrenzten Ressourcen (abgeschossene Gegner geben neues Geld zur Errichtung neuer Türme) schützen muss.
Während die Geschichte voranschreitet bis zur finalen Konfrontation erfährt der Spiele immer mehr über die Stimme, die mit ihm spricht, hört, dass es da mal einen Sohn gab, der sich der Alieninvasion entgegenstellte und dabei starb, dass er auf bestimmte Obstsorten steht, die er ja nun leider nicht mehr essen kann und viele mehr. Zusätzlich zur linearen Hauptkampagne mit vielen Levels (die nach Bestehen auch einzeln angewählt werden können und dazu noch Abwechslung in Form von Spielvarianten mit vertauschten Ein- und Ausgängen, begrenzten Ressourcen/Türmen oder stärkeren Gegnern bieten), gibt es noch eine Minikampagne mit dem Namen "Borderlands" und, und das ist eine Besonderheit, nicht nur einige Zusatzlevels, die im preiswerten Doppelpack nachgekauft werden können, sondern seit kurzem eine ganz neue Kampagne mit dem schönen Titel "Sie Monster" und - an dieser Stelle sollten alle Portal-Fans aufhorchen - GlaDOS als Gegnerin, die in dieser Kampagne nicht weniger durchgeknallt ist als in den Portal-Titeln.

Mal zuckersüß, mal schmollend, mal aggressiv, mal kalt, neugierig wie ein Forscher, der eine Ameise unter dem Brennglas beobachtet (alles im Dienst der Wissenschaft, versteht sich), ist sie eine hervorragend synchronisierte Gegenspielerin, bei der man sich, genau wie in Portal, Regelmäßig die Möglichkeit herbeisehnt, die Hände um ihren Hals legen und ganz langsam ganz fest zudrücken zu können.
Das tut man als braver Spieler natürlich nicht, statt dessen zeigt man dem Biest, wo der Bartel den Most holt und der Frosch die Locken föhnt, sprich, man feilt an Strategien, um es diesem Dreckscomputer mal so richtig heimzuzahlen.
Verdammte Schlampe. Miststück.

Ähem, ich schweife ab.

Die Grafik ist in hübschem 3D mit isometrischer Draufsicht gehalten, bietet mehrere Zoomstufen und überfordert auch etwas ältere Rechner nicht, der Sound ist, wie schon erwähnt, auch in der deutschen Fassung großartig gelungen.
Wer nun gar nichts mit dieser Art Spiel anfangen kann, wird auch nicht von Defense Grid zum glühenden TD-Verfechter, wer es noch nicht kennt, aber auf der Suche nach einem etwas anderen Spiel ist, sollte es sich unbedingt einmal ansehen, zumal man sich sowohl über Steam genau wie via Xbox live eine kostenlose Demoversion herunterladen kann, mit der man prima in die ersten Levels hineinschnuppern kann und auch sieht, ob der heimische PC das Ganze technisch geschultert bekommt.

Der Titel ist bei BigA für schlappe 9,99 Euro zu bekommen (WinXP und höher sowie Mac), auf der Xbox legt man inklusive der "Sie Monster"-Kampagne 1200 MS-Points auf den Tisch, was je nach Punktekauf einem Gegenwert von etwa 10 - 14 Euro entspricht - und das ist das Spiel mehr als wert.

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